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6-04-2000

Kolumne 25

Es gab während der letzten paar Monate eine Kontroverse über die Werbekampagne eines italienischen Bekleidungsherstellers namens Benetton und darüber, daß sie in ihrer Werbung Todeskandidaten benutzten, um auf die Todesstrafe aufmerksam zu machen und um Häftlingen im Todestrakt ein menschliches Gesicht zu geben. Es gab einen großen Aufschrei bei den Pro-Todesstrafe-Gruppen, deren Mitglieder auch vor einigen der Geschäfte demonstrierten, welche Benetton-Kleidung führen. Eine Ladenkette (Sears) zog daraufhin sämtliche Benetton-Kleidung aus ihren Geschäften zurück. Ich bin von einigen Leuten gefragt worden, ob ich der Meinung sei, daß Benetton mit dieser Kampagne Kapital aus den Todeskandidaten schlage. Benetton ist schon lange bekannt dafür in ihren Werbekampagnen sozial heikle Themen aufzugreifen, um Aufmerksamkeit für das jeweilige Thema zu wecken, und ich hatte nie das Gefühl, daß sie in ihren bisherigen Kampagnen jemanden ausgenuzt hätten. Was die Benutzung der Todesstrafe in ihrer letzten Kampagne betrifft, so denke ich, daß es sehr mutig von ihnen war, das zu tun, und daß sie es sehr sensibel gehandhabt haben. Sie haben die Häftlinge nicht verteidigt, stattdessen haben sie versucht, den Menschen im Todestrakt ein menschliches Antlitz zu geben um den Leuten klarzumachen, daß menschliche Wesen hingerichtet werden. Ich bewundere sie dafür. Man würde kein amerikanisches Unternehmen finden, das den Mut für etwas Derartiges hätte. Es hat auf das Thema Todesstrafe aufmerksam gemacht und die Leute zum Nachdenken darüber gebracht, wie also könnte das verkehrt sein? Es ist zu schade, daß amerikanische Unternehmen nicht ebenso versuchen sich positiv hervorzutun.

Ein anderer Punkt, zu dem man mir Fragen gestellt hat, betrifft die Korruption bei der Polizei von Los Angeles. Für diejenigen unter Euch, die davon nichts gehört haben: Es wurden gegen die Polizei von Los Angeles (über längere Zeit) Ermittlungen wegen Korruption durchgeführt. Bisher wurden 29 Polizisten gefeuert oder vom Dienst suspendiert, und die Staatsanwaltschaft des Kreises Los Angeles hat die Fälle von über 3000 Verurteilten überprüft um festzustellen, ob sie zu Unrecht verurteilt wurden. Das FBI ist in die Untersuchungen eingeschaltet worden, vermutlich um sicherzustellen, daß eine vollständige Untersuchung anstelle von eher einer Vertuschung stattfindet. Die Untersuchung konzentriert sich darauf, wie die Polizei Leute zu unrecht überführt und ins Gefängnis geschickt hat. Häufig wurde Beweismaterial manipuliert, vor Gericht gelogen und sogar Leuten eine Schusswaffe untergeschoben, die von der Polizei ermordet worden waren nachdem man sie gestoppt hatte, und dann behauptet, die Opfer hätten mit dieser Waffe auf sie (die Polizisten) gezielt. Die neueste Kontroverse liegt darin, daß der Leiter der Staatsanwaltschaft sagt, daß die Polizeibehörde bei den Ermittlungen nicht kooperiere.

Es gibt in diesem Fall einige Dinge, zu denen ich etwas anmerken möchte. Erstens, Leute im Gefängnis wissen schon seit Jahren, daß die Polizei von Los Angeles solche Sachen macht, aber die Medien wurden erst aufmerksam, als ein Polizist verhaftet wurde und über diese Dinge und die Beteiligung anderer Polizisten redete. Nun versuchen die Medien den Eindruck zu erwecken, diese Dinge habe es erst seit ein paar Jahren gegeben, und daß sie ensetzt darüber seien. Tatsache ist, daß die Medien (in Los Angeles) schon Jahre, ehe dieser Polizist darüber redete, von diesen Dingen gehört hatten. Die Leute in den Gefängnissen wussten, was vor sich geht, nicht nur im Kreis Los Angeles, sondern auch in anderen Bezirken.

Was mich des Weiteren beunruhigt, das ist die Heuchelei im Amt des Staatsanwaltes von Los Angeles (der Anklagevertreter). Die Untersuchung der widerrechtlichen Verhaftungen hat kaum die Oberfläche angekratzt, trotzdem wurden schon an die 100 Unschuldige aus dem Gefängnis entlassen, welche von der Polizei hereingelegt worden waren. Ich finde, die Heuchelei liegt darin, wie die Anklagevertreter schockiert tun und als könnten sie nicht verstehen, wie so etwas nur passieren konnte. Ich halte das für eine Lüge. Es ist unmöglich, daß die Polizei all' diese widerrechtlichen Anklagen machen konnte, ohne daß die Anklagervertretung gewusst hätte, daß das Beweismaterial unzulässig war. Ich habe stattdessen den Verdacht, daß die Anklagevertreter es vorzogen, die Augen vor offensichtlich fragwürdigem Beweismaterial zu schließen, um zu einer Verurteilung zu kommen. Schließlich lieben sie es, den Leuten zu erzählen daß sie hart gegen das Verbrechen vorgehen, also - je mehr Verurteilungen desto besser. Es ist politisch günstig, soviele Leute wie möglich ins Gefängnis zu schicken, was sollte es sie scheren, wenn dabei auch ein paar Unschuldige im Gefängnis landen. Meiner Ansicht nach tragen die Anklagevertreter genauso viel Schuld wie die korrupten Polizisten. All' dies konnte nicht ohne das Wissen oder sogar die Unterstützung der Anklagevertretung vor sich gehen. Ich bezweifle, daß das FBI viel unternehmen wird. Wenn sie es mit dieser Untersuchung ernst meinen, dann sollten sie meines Erachtens auch gegen die Staatsanwaltschaft von Los Angeles ermitteln, um herauszufinden, wie so viele unschuldige Menschen aufgrund gefälschten Beweismaterials angeklagt, verurteilt und ins Gefängnis geschickt werden konnten. Die Ankläger benutzten dieses Beweismaterial und diese Aussagen um Unschuldige ins Gefängnis zu schicken, und es erscheint unmöglich, daß sie nichts wussten.

Eine letzte Beobachtung zu diesem Thema. Ich frage mich, warum alle diese ‘Gruppen für die Rechte der Opfer nicht zur Stelle waren um zu protestieren und Gerechtigkeit für die Opfer der Polizei und der Staatsanwaltschaft von Los Angeles zu verlangen. Vielleicht waren sie damit beschäftigt, gegen die Benetton -Werbung zu protestieren. Es ist wahrscheinlicher, daß sie sich in dieser Sache bedeckt halten wollten, falls jemand darauf hinweisen sollte, daß es zum großen Teil Schuld dieser Gruppen für die Rechte der Opfer ist, daß nun so etwas geschehen kann. Dank ihrer Bemühungen ist der Schutz für Unschuldige aufgeweicht worden, und es kann nun Unschuldigen relativ leicht geschehen, daß sie ins Gefängnis müssen oder im Todestrakt enden.

Neulich las ich einen Artikel in einer Zeitung. Er berichtete darüber, daß jetzt über 2 Millionen Menschen in amerikanischen Gefängnissen sitzen. Der Artikel sagte weiter, daß in der ganzen Welt 8 Millionen Menschen in Haft sind (einschließlich USA). Ich fand das sehr interessant. Von den 6 Billionen Menschen auf diesem Planeten leben nur 270 Millionen in den USA, aber 25% aller Häftlinge in der Welt sind in den USA inhaftiert. In einem einzigen Staat (Kalifornien) sind mehr Menschen in Haft als in Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Japan, Singapur und den Niederlanden zusammen. Ich bin kein großer Mathematiker, aber für mich ist diese Statistik unglaublich. Ich kann mir nicht helfen mich zu fragen, wann die USA es lernen werden. Das erinnert mich an eine Frage, die mir jemand mal in einem Brief gestellt hat: Was ist das für eine eigenartige Besessenheit in Amerika, jedermann bestrafen zu wollen? Ich konnte keine Antwort geben, denn ich weiß es auch nicht. Ich habe ziemlich viel über diese Frage nachgedacht, aber ich habe immer noch keine Antwort. Angeblich ist Amerika das Land der Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit, aber es ist eines der restriktivsten und gesetzlich geregeltesten Länder der westlichen Welt. Falls also jemand eine Antwort auf jene Frage hat, ich wäre neugierig sie zu hören. Persönlich habe ich den Verdacht, daß es keine einzige Antwort gibt.

Frieden,
Dean