01/02/03/04/05/06/07/08/09/10/11/12/13/14/15/16/17/18/19/20/
21
/22/23/24/25/26/27/28/29/30/31/32/33/34/35/36/37/38/39/
40
/41/42/43/44/45/46/47/48/49/

 


7-01-2000

Kolumne 24

Vor Kurzem fragte mich eine Freundin, die einen Bericht über den Todestrakt gelesen hatte, ob das, was sie gelesen hatte, meiner Meinung nach wahr sei. In dem Artikel sagte ein Todeskandidat: 'Im Todestrakt zu sein ist wie Stück für Stück zu sterben ehe man tatsächlich hingerichtet wird'. Ich war unsicher, wie ich die Frage beantworten sollte. Einerseits denke ich, daß, egal ob es um eine kurze Zeit im Gefängnis oder um den Todestrakt geht, durch die Tatsache, daß man seiner Freiheit beraubt und eingesperrt ist, ein Teil von einem sterben kann, wenn man den Überblick verliert. Ich denke, Gefängnisse in Amerika sind von Natur aus Orte, wo Du während deines Aufenthaltes eines Teils Deiner Menschlichkeit beraubt wirst, wenn Du nicht aufpasst. Natürlich hängt das von der Persönlichkeit ab und davon, wie man in der Lage ist, mit seiner (Haft-)Zeit umzugehen. Aber generell gesehen habe ich das Gefühl, daß Gefängnisse und Haftanstalten eine Tendenz haben, das Gute in den Menschen zu zerstören und ihre negativen und destruktiven Züge zu fördern.

Zum Beispiel, ehe man ins Gefängnis (oder den Todestrakt) geschickt wird, wird man in ein Kreisgefängnis (i.e. Untersuchungshaft) gesperrt, um eine Verhandlung abzuwarten. Als ich auf meine Verhandlung wartete, sah ich eine Anzahl Typen wegen geringfügiger Anklagepunkte dazukommen, welche relativ nett zu sein schienen. Mit der Zeit konnte man in ihnen einen Wandel erkennen. Man fing an zu sehen, wie sich eine Härte entwickelte, die anfangs nicht dagewesen war, als sie ins Gefängnis gebracht wurden, und da war eine Wut, die direkt unter der Öberflache zu sieden schien. Auch schienen sie eine Gleichgültigkeit gegenüber anderen zu entwickeln, und das Überleben war alles, worauf sie sich konzentrierten. Um das zu erreichen, ließen sie augenscheinlich einen Teil ihrer selbst sterben. Unglücklicherweise starb der Teil, der sie zuerst sympathisch gemacht hatte.

Im Gefängnis werden Mitgefühl und Güte oft als Schwäche angesehen, und wenn man diese zeigt, könnten andere das ausnutzen. Demzufolge neigen Leute im Gefängnis dazu, diesen Teil ihrer selbst zu verlieren. In diesem Sinne sterben sie jeweils ein Stück. Allerdings gehört noch mehr dazu. Viele Leute in der freien Welt haben Menschen im Gefängnis als Tiere abgestempelt, vor denen man sich in acht nehmen muß. Vielleicht hilft ihnen diese Einstellung, es im Geiste zu rechtfertigen, daß Häftlinge jede Art von Behandlung verdienen, die ihnen angetan wird.

Ich denke, die meisten Leute im Gefängnis wollen die Zeit drinnen so gut wie möglich hinter sich bringen, dann herauskommen und draußen bleiben. Allerdings bekommen die meisten, während sie im Gefängnis sind, nicht die Hilfe, die sie brauchen, um nach ihrer Entlassung draußen ein produktives Leben zu führen. Die überwiegende Mehrheit der Leute im Gefängnis ist hier wegen Drogendelikten. Therapieprogramme für Häftlinge sind sehr schwer zu bekommen, wenn sie also entlassen werden, haben sie ihre Probleme nicht in den Griff bekommen, sind also in schlechterer Verfassung als zur Zeit ihrer Einlieferung. Egal, wie sehr Du nicht wieder ins Gefängnis willst, wenn Du Dich nicht mit dem Problem auseinandergesetzt hast, wirst Du normalerweise nach der Entlassung die gleichen Fehler wiederholen. Jedesmal, wenn jemand ins Gefängnis zurückkehrt, verliert er mehr und mehr von dem, was ihn zu einem netten Menschen macht, und die negativen Züge werden dominanter. So ist dies ein weiteres Beispiel dafür, wie man jeweils ein Stück stirbt.

Die Frage, ob man im Todestrakt Stück für Stück stirbt? Ich denke, das hängt vom persönlichen Charakter ab. Da gibt es Teile, die sterben, und das entzieht sich Deiner Kontrolle. Während die Zeit vergeht, verblassen die Erinnerungen an das Leben in Freiheit, so stirbt dieser Teil von Dir Stück für Stück. Bei machen werden die Beziehungen zur Familie und zu Freunden immer schwächer, so stirbt auch dieser Teil. Deine Hoffnungen, Daß Du einen neuen Prozess gewinnen und alles überwinden kannst, was sich Dir entgegenstellt, diese Hoffnungen tendieren zu verblassen. Das ist also noch ein Teil von Dir, der stirbt. Aber, wie gesagt, das hängt vom persönlichen Charakter ab. Ich habe hier Männer gesehen, die allen Grund haben jegliche Anständigkeit zu verlieren, die sich aber von Anfang bis Ende eine Menschlichkeit und ein Mitgefühl bewahren, das bemerkenswert ist. Sie sind auch in der Lage, auf ihr Ziel konzentriert zu bleiben und nicht zuzulassen, daß sie das verlieren, was in ihnen anständig ist. Ich kenne einen Mann hier, der von einem anderen hier im Todestrakt hörte, dessen Kind ein Spielzeug nicht würde bekommen können, welches es sich zu Weihnachten gewünscht hatte, weil seine Mutter nicht genug Geld hatte, um es ihm zu kaufen. Also hat dieser Mann der Mutter des Kindes etwas Geld geschickt, damit sie dem Jungen das Spielzeug und dazu noch ein paar andere Geschenke kaufen konnte.

Viele versuchen, ihre Zeit zu nutzen um Dinge zu tun, die positiv sind, und die ihnen helfen werden, den Teil ihrer selbst lebendig zu erhalten, der sie zu dem macht, was sie sind. Ich denke, wenn Du es zulässt, daß die negativen Teile des Todestrakts oder des Gefängnisses Dir das nehmen, was an Gutem in Dir ist, dann, ja, dann stirbt ein Teil von Dir Stück für Stück. Ich weiß nicht, ob das die Frage meiner Freundin beantwortet. Wenn sie 'Ja' oder 'Nein' als Antwort erwartet hat, dann kann ich keine geben. Es ist nicht so einfach, und es ist eine Frage, auf die es so viele Antworten gibt wie Menschen, die hinter Gittern eingesperrt sind.

Das erinnert mich an diese Fernseh-Serie mit dem Titel 'Nightline'. Sie handelte von den Frauen, die in den kalifornischen Gefängnissen einsitzen, und es war eine bemerkenswerte Serie, wenn man bedenkt, wie wenig Zeit zur Verfügung stand. Meiner Meinung nach zeigte sie viele der Mängel des Systems auf, und sie leistete gute Arbeit darin, die Probleme von sowohl Männern als auch Frauenin den kalifornischen Gefängnissen zu veranschaulichen. Aber, da ich Skeptiker bin, bezweifle ich, daß das Programm viel dazu beigetragen hat, die Ansichten der Leute zu ändern, die es anschauten. Vielleicht hat es sie irgendwie ein bißchen nachdenklich gemacht, aber ich habe den Verdacht, daß die meisten Leute sagen würden, daß diese Häftlinge keinerlei Hilfe verdienen. Ich habe außerdem den Verdacht, daß dies dieselben Leute sind, die darüber jammern, daß Häftlinge entlassen werden und neue Verbrechen begehen. Sie wollen Leute eingesperrt sehen und harte Haftbedingungen, aber sie beschweren sich am lautesten, wenn Leute entlassen werden und wieder Mist bauen. Wenn Leute im Gefängnis Hilfe erhielten und dann nach der Entlassung draußen blieben, dann hätten diese 'Kampf-dem-Verbrechen'- Politiker überhaupt nichts, was sie benützen könnten um wiedergewählt zu werden. Es ist schon ironisch, ich habe mich immer gewundert, warum diese selben Politiker nicht versprechen, soziale Probleme zu bekämpfen, die dazu führen, daß Menschen ins Gefängnis gehen, solche Sachen wie Drogen-Therapie oder Berufs-Schulung oder Obdachlosigkeit. Ich nehme an, es ist einfacher, die Ängste und die Wut der Leute mit der 'Kampf-dem-Verbrechen'- Forderung auszunutzen.

Ich habe alles gesagt, was dazu zu sagen ist, also werde ich weitergehen. Vorher möchte ich Euch daran erinnern, daß meine Postadresse auf dieser Website zu finden ist. Ich habe E-mails von Leuten bekommen, die die Vorstellung haben, ich hätte einen Computer und könnte ihnen per E-mail antworten. Ich besitze keinen Computer und habe keinen Zugang zum Internet, wenn Ihr also schreiben wollt um etwas zu fragen oder eine Anmerkung zu machen, dann schreibt bitte per Schneckenpost. Ironischerweise geht es für Euch schneller, per 'Schneckenpost' zu schreiben und eine Antwort zu erhalten, als per E-mail an diese Website zu schreiben. Wenn Ihr eine E-mail schickt, dann rechnte damit, daß es doppelt so lange dauert, bis Ihr eine Antwort erhaltet. Wir denken darüber nach, eine Briefsektion zu dieser Site einzurichten, falls wir das also tun, dann werden alle Botschaften willkommen sein. Danke dafür, daß Ihr Euch die Zeit genommen habt und alles Beste für Euch.

Frieden,
Dean