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Kolumne 23

In der Vergangenheit habe ich versucht, das Gerichts-und Rechtssystem ein wenig zu erklären. Mein Ziel war der Versuch Euch dabei zu helfen, daß Ihr versteht, wie das System funktioniert (oder nichtfunktioniert, je nach Standpunkt). Ich habe auf dieses Thema nicht so viel Zeit verwendet, wie ich vorhatte. Es ist frustrierend, wenn man versucht den Sinn von etwas klarzumachen, was sich einer Erklärung zu entziehen scheint. Man fährt sich zu leicht fest und verliert den Blick auf das gesamte Bild, indem man versucht Details zu erklären. Unnötig zu erwähnen, daß das Thema sehr trocken und langweilig sein kann, wenn man nicht gerade an diesem Bereich interessiert ist. Ich kann weiter davon erzählen, wie Geschworene so ausgewählt werden, daß sie auf der Seite der Staatsanwaltschaft stehen, oder ich kann darüber sprechen, wie die Staatsanwaltschaft über unbegrenzte Mittel verfügt gegen einen Angeklagten zu verhandeln und ihn zu verurteilen, während ihm selbst zur eigenen Verteidigung nur wenig zur Verfügung steht. Ich bezweifle, daß das für Euch sehr interessant ist, also werde ich mich auf andere Bereiche konzentrieren, und ich hoffe, daß Ihr im Verlauf dessen auf besser verständliche Weise eine Vorstellung von dem bekommt, worüber ich rede.

In den letzten 5 Jahren (mehr oder weniger) gab es in den Nachrichten eine Anzahl von Berichten über Männer, die 15 - 20 Jahre im Gefängnis oder im Todestrakt verbracht hatten ehe bewiesen wurde, daß sie unschuldig waren. Manche von ihnen (die im Todestrakt waren) hatten nur noch Stunden bis zu ihrer Hinrichtung, ehe sie aus verschiedenen Gründen einen Aufschub bekamen. Wäre es ihnen nicht gelungen, diesen Aufschub zu bekommen, dann wären sie jetzt tot statt freie Männer zu sein.

Die Unterstützer der Todesstrafe haben eine Lösung gefunden, um zu verhindern, daß diese irritierende Kleinigkeit in Zukunft geschieht. Es ist ihnen gelungen, die Zeitspanne zu verkürzen, die einem Todeskandidaten für Berufungen zur Verfügung steht und für den Versuch, seine Unschuld zubeweisen. Zusätzlich haben jene Leute erfolgreich die Mittel gekürzt, die Häftlingen im Todestrakt für ihre Verteidigung zur Verfügung stehen. Schon vorher waren diese Mittelgering, besonders im Vergleich mit denen, mit denen die Staatsanwaltschaft arbeitet. Da es in den meisten Fällen 15 Jahre (oder mehr) gedauert hat, bis diese Männer ihre Unschuld beweisen konnten, haben die Unterstützer der Todesstrafe dafür gesorgt, daß die Zeitspanne für Berufungen auf weniger als 10 Jahre verringert wurde. Ich nehme an, das ist ihre Art das Problem falscher Schuldsprüche und Urteile gegen Unschuldige zu lösen. Sorg' einfach dafür, daß es ihnen nicht möglich ist, ihre Unschuld zu beweisen. 

Die Heuchelei dabei liegt darin, daß diese Leute, die auf verkürzte Berufungsfristen drängen, darüber sprechen, daß der Gerechtigkeit Genüge getan werden muß. Sie sehen keine Gerechtigkeit darin, jemandem Zeit zu lassen, um seine Unschuld zu beweisen. Diese Leute verwechseln ihre eigenen Interessen mit echter Gerechtigkeit. Es wäre zum Lachen, ginge es nicht um Leben und Tod. Wenn ihnen Gerechtigkeit wirklich wichtig wäre, dann würden sie alles in ihrer Macht liegende tun, um zu gewährleisten, daß die Regierung keine Unschuldigen tötet.

Der Grund, warum ich über das Rechtssystem und Unschuldigespreche, liegt in etwas, was in diesem Jahr (99) hier in Kalifornien geschehen ist. Ich glaube, es war im Februar, als drei Menschen im Yosemite Nationalpark ermordet wurden. Es hätte sich lediglich um einen weiteren Fall von tragischen Morden gehandelt, wären die Familien dieser Frauen nicht sehr wohlhabend und einflussreich. Dadurch erregte der Fall eine Menge Aufsehen, und es wurde besonders viel Aufwand damit getrieben. Die Medien berichteten in den Nachrichten jeden Tag darüber, und es gab einen generellen (Medien-) Aufschrei,man solle endlich eine Verhaftung vornehmen. Der Yosemite Nationalpark ist Bundesland, also wurde das FBI gerufen, um die Untersuchungen zu leiten und mit den verschiedenen in diesem Fall zuständigen Polizeibehörden zusammen zu arbeiten.

Der öffentliche (Medien-) Druck auf die Behörden,  in dem Fall jemanden zu verhaften, war erheblich. Fast täglich wurden die Familien der Opfer vor den Kameras zur Schau gestellt, um Gerechtigkeit und Festnahmen zu fordern. Nach einigen Wochen hielt das FBI eine Pressekonferenz ab, um einen Durchbruch in dem Fall zu verkünden und verhaftete anschließend zwei Männer. Anscheinend kann die Polizei ohne vorherige Pressekonferenz nicht an einem Fall weiterarbeiten. Ein paar Männer, die wegen geringfügiger Straftaten vorbestraft waren, waren also festgenommen worden. Beide hatten kurze Haftstrafen (für unbedeutende Drogen- und Eigentumsdelikte) verbüßt und schienen in die Schablone zu passen, welche Medien und Obrigkeit für 'Verdächtige' in schweren Straftaten entwickeln. Alle üblichen Polizeiklischees folgten Schlag auf Schlag, und die Polizei veranstaltete den 'Perp Walk': Das heißt, daß die Polizei die Verdächtigen vor den Medien zur Schau stellt, so daß Bilder für die Fernsehnachrichten oder die Zeitungen gemacht werden können. 

Die Medien kriegen ihre Bilder von zwei Typen, die wie Kriminelle aussehen, und die Maschinerie kommt in Bewegung, die zum Schuldspruch und zum Todesurteil für diese beiden Männer führt. Das FBI steckte die Beiden ins Bezirksgefängnis, um sie festzuhalten während weitere Untersuchungen abgeschlossen werden mussten ehe mansie anklagen konnte. Es braucht seine Zeit, einen Fall gegen unschuldige Leute zu fabrizieren (naja, manchmal brauchen sie nicht lang dafür). Während der Fall gegen diese zwei Männer 'angefertigt' wurde, hielten die Behörden sie wegen irgendwelcher Anklagen fest, die sie zufällig fanden um sie ihnen anzulasten. Während die Beiden also im Gefängnis saßen, hielt das FBI Pressekonferenzen ab, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß diese zwei Männer die Schuldigen seien. Natürlich rieben sich die Medien in Erwartung eines schönen, saftigen Prozesses schon die Hände. Schließlich hatte es seit der gegen O.J.Simpson keine richtig anständige, 'unterhaltende' Verhandlung mehr gegeben.

Letzten Monat (Juli 99) gab es noch einen Mord im Yosemite Nationalpark. Er war die Aufmerksamkeit der Medien nicht wert, höchstens einen Sende-Happen in den Nachrichten oder ein paar Absätze im hinteren Teil der Zeitung. Ein weiterer trauriger Fall, aber die Frau war aus keiner reichen Familie, also verdiente sie keine wirkliche Beachtung durch die Medien. In diesem Fall gab es bei der der Polizei einen Umbruch, da es einen Zeugen gab, der ein Auto identifizierte, was wiederum zur Festnahme eines Mannes führte. Der Mann wurde festgenommen und gestand den Mord, zum Entsetzen der Obrigkeit gestand er jedoch auch die, vorherigen Yosemite-Morde. Eben jene Morde, für die die Behörden die anderen zwei Männer im Gefängnis festhielten, während ein 'Fallzurechtgeschustert wurde' um IHNEN die Morde anzulasten. 

Ich habe KEINEN Zweifel, daß das FBI (und andere Polizeiorgane)es geschafft hätten, einen Fall gegen die zwei Männer zu 'konstruieren',
wenn jener andere Mann nicht alle diese Morde gestanden hätte. Ich weiß, man hätte sie für schuldig befunden und zum Tode verurteilt für Morde, die sie nicht begangen hatten. Einmal im Todestrakt wären sie einfach nur zwei weitere Todeskandidaten gewesen, die behaupten unschuldig zu sein.

Was mich dabei stört wie nur irgendwas, ist, wie die Öffentlichkeit (die Medien) das Ganze mit einem Achselzucken abtut, als ob es keine große Sache wäre. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich jetzt auf den Mann, der die Tat gestanden hat, und die zwei Männer, die für eine Verurteilung abgestempelt worden waren, werden nicht erwähnt. Die Medien scheinen weder in dem eigenen Verhalten etwas Falsches zu sehen, noch in dem der Obrigkeit. Es ist, als würde auf diese Weise der Gerechtigkeit Genüge getan. Ich nehme an, wenn das Verhalten der Medien ebenso schlecht ist, wie das der Obrigkeit, dann möchten sie nicht zu viel Aufmerksamkeit darauf lenken.

Bis später,
Dean