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Kolumne 22

Ich hatte nicht vor, die Verbindung so lange abreißen zu lassen. Das tut mir leid, aber so etwas kommt vor. Ich bin zurück, und ich möchte über mehrere Dinge sprechen. Hoffentlich habt Ihr nicht resigniert und schaut immer noch nach, ob es etwas Neues gegeben hat. Es ist eigenartig, wie man Zeit und Kraft für zeitraubende Dinge aufwenden kann, und wenn man zurückblickt, wundert man sich, warum man so viel Zeit daran verwandt hat. Ich versuche nicht, in Rätseln zu sprechen. Ich spreche lediglich darüber, wie das, was im Moment wichtig zu sein scheint, sich, während das Leben weitergeht, als nicht so wichtig herausstellt. Aber wenn man das dann feststellt, hat man bereits einen riesigen Aufwand an Zeit und Kraft daran verschwendet, ehe man sein eigentliches Ziel wieder gefunden hat.

Es gibt da ein intertessantes Vorhaben, welches der Staat Kalifornien dargelegt hat. Offensichtlich plant man, das Gefängnis von San Quentin zu verkaufen und den Todestrakt in ein anderes Gefängnis zu verlegen. Für die unter Euch, denen das nich bekannt ist: San Quentin liegt auf einem großen Areal entlang der Nordküste der Bucht von San Francisco. Hier steht es seit ungefähr 140 Jahren. Nun möchte der Staat Kalifornien den Todestrakt verlegen und San Quentin schließen, um das Land verkaufen zu können und das Geld anderweitig zu verwenden.
Ich sage 'anderweitig', denn was sie erklären, wofür sie das Geld verwenden wollen, und wofür sie es schließlich ausgeben, das ist selten ein und dasselbe. Ich habe mit einem mir bekannten Anwalt darüber gesprochen, und er erzählte mir, daß einige Immobilien-Makler die Politiker dahingehend bearbeitet hätten dieses Stück Land zu verkaufen, damit alles abgerissen werden und in Einkaufszentren und eine Wohnsiedlung umgewandelt werden kann. Ich weiß nicht, ob das wahr ist, aber es klingt einleuchtend. Das Gefängnis liegt auf einem erstklassigen Stück Land, und Stadtplaner wären so ziemlich zu Allem bereit, um das Gelände in die Finger zu kriegen und es zu sanieren. Der Anwalt erklärte mir die wahren Gründe für den Plan des Staates zur Verlegung des Gefängnisses, Gründe, die viel hinterhältiger und manipulativer sind.
Der Staat Kalifornien möchte den Todestrakt schon seit vielen Jahren verlegen. Am liebsten würde man ihn in irgendeiner abgelegenen Gegend  unterbringen, die abseits liegt und schwer zu erreichen ist. Der Grund dafür ist, daß es für Anwälte (die an Berufungen arbeiten) dann schwieriger werden wird, mit ihren Klienten an deren Fällen zu arbeiten. Außerdem  wird es bei einer Hinrichtung schwierig für die Leute dorthin zu kommen, die dagegen protestieren wollen. Amerikaner haben wieder und wieder bewiesen, daß sie ihre Aufmerksamkeit nur kurz konzentrieren können, und der Staat weiß, daß viele Leute das Interesse daran verlieren werden, sich an Protesten gegen die Todesstrafe und staatlich sanktionierten Mord zu beteiligen, wenn die Hinrichtungen nicht in Sichtweite stattfinden und in einer Gegend, wo man nicht demonstrieren kann. 

Ich hab' mir vorgestellt, wie paradox es wäre, wenn San Quentin verkauft wäre und die Stadtplaner dann nicht drankämen, weil es wegen seiner langen und berüchtigten Geschichte zum Nationalen Historischen Denkmal erklärt würde. Das Gefängnis von San Quentin hat eine längere und berüchtigtere Geschichte als Alkatraz, welches meines Wissens ein Nationales Historisches Denkmal ist (wenn nicht, dann etwas Vergleichbares). Die Politiker und Bürokraten nennen die hohen Betriebskosten für San Quentin als Grund für den Verkauf. Ich halte diese Behauptung für unaufrichtig. Wenn sie den Todestrakt an igendeinen Ort weitab von den Gerichten und Anwälten verlegen, dann werden die Steuerzahler letztendlich für andere Belange sehr viel mehr bezahlen müssen.
Die Anwälte und Ermittler werden weiter reisen und länger bleiben müssen (wenn sie sich mit ihren Klienten treffen) und somit viel mehr berechnen als jetzt, wenn sie hier in San Quentin mit ihren Klienten arbeiten. Ich bin sicher, daß San Quentin verkauft werden wird, und daß irgendein Strukturplaner sich selbst auf die Schulter klopfen wird wegen all des Geldes, das er verschiedenen Politikern hat zukommen lassen. Wir hier im Todestrakt werden an irgendeinen abgelegenen Ort verlegt werden, und es wird damit enden, daß es für ie Steuerzahler teurer wird als zu der Zeit, als der Todestrakt hier in San Quentin war. Aber so funktionieren eben Big Business und Politik, nehme ich an. Es geht nicht um die Wahrheit, sondern eher darum, was man der Öffentlichkeit als Wahrheit verkaufen kann. Wie gesagt, ich hege keine Zweifel, daß man uns alle hier im Todestrakt verlegen wird. Ich denke einfach nur, daß alle wissen sollten, daß es um mehr geht als um das, was Euch Medien und Regierungsvertreter erzählen.

Da ich beim Thema Geld und Gefängnisse bin, möchte ich ein wenig über einen Artikel sprechen, der im Juni (99) im San Francisco Chronicle (einer Zeitung) erschienen ist. Dieser Artikel berichtet über die kalifornischen Gefängnisse und die Telefongesellschaft MCI Worldcom. Wenn Ihr den Artikel selbst lesen wollt, dann klickt auf diese Adresse: http://www.sfgate.com/cgi-bin/article.cgi?file=/chronicle/archive/1999/06/14/MN53919.DTL
Dieser Artikel erklärt, wie Kalifornien und MCI Worldcom überhöhte Gebühren für telefonische R-Gespräche von Häftlingen zu ihren Familien verlangen. Der Staat und MCI machen dadurch eine unverschämte Menge Geld (16 mio Dollar für Kalifornien allein im Jahre 1998, MCI war nicht bereit mitzuteilen, wieviel sie in diesem Jahr bekamen). Gleichzeitig wird es den Häftlingen erschwert, eine enge Beziehung zu ihren Familien und Freunden aufrecht zu erhalten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß die Häftlinge nach ihrer Entlassung wieder in Schwierigkeiten geraten. Dies ist ein perfektes Beispiel dafür, daß der Staat Kalifornioen eher am Geld interessiert ist als daran, daß Häftlinge nach der Entlassung aus dem Gefängnis draußen bleiben. Wenn die, die im Gefängnis sind, draußen bleiben könnten, dann litte der Wirtschaftszweig 'Haftanstalten' darunter und man verlöre Geld. Solange Gefängnisse ihr Bestes tun um sicher zu gehen, daß Häftlinge dorthin zurückkehren, wird der Wirtschaftszweig 'Haftanstalten' stark sein. Wenn aber Häftlinge entlassen werden und draußen bleiben, dann untergräbt dies die eigentlichen Fundamente dessen, was diesen Wirtschaftszweig so stark und erfolgreich macht, und die werden offensichtlich von den Häftlingen gebildet. Solange viele Häftlinge rückfällig werden, läuft das Geschäft gut. Es ist ein hässlicher Kreislauf, der zur Zeit im Strafvollzug stattfindet. 
Der Häftling landet im Gefängnis, wo ein Keil zwischen ihn und seine Familie und Freunde getrieben wird (nicht nur durch überhöhte Gebühren für Telefongespräche). Das erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, daß er nach seiner Entlassung ein neues Verbrechen begeht. Das erhöht die Zahl der Verbrechensopfer, welche wiederum schärfere Urteile und brutalere Strafen verlangen, wofür die Politiker nur zu gerne sorgen. Daraus resultiert, daß der Wirtschaftszweig 'Haftanstalten' stärker wird während die Zahl der Inhaftierten steigt und steigt. Während die Interessenvertretungen der Verbrechensopfer zufriedengestellt werden durch den Eindruck, etwas zur Problemlösung getan zu haben, wird das Problem größer und größer, die Zahl der Opfer steigt, aber nichts wird unternommen um die wirklichen Ursachen zu beseitigen, welche darin liegen, wie das heutige System funktioniert und das Problem aufrecht erhält und den Kreislauf weiter treibt.

Ich ende hier, aber ich hoffe bald zurück zu sein. Ehe ich gehe, möchte ich einen Boykott gegen MCI Worldcom anregen, und gegen alles, was mit MCI Worldcom in Verbindung steht, wie  z.B. sein Internet- und Computerservice.

Bis später,
Dean