Dezember 2011
Kolumne 52 Das
Folgende habe ich für eine Zeitung namens INSIDE TIME
(www.insidetime.org) in England geschrieben und es handelt von einigen
Dingen über die ich in der Vergangenheit schon geschrieben habe. Wie
auch immer, vieles hat sich im Todestrakt geändert seit ich hier ankam
und so ist vieles, über das ich früher erzählte heute nicht mehr
relevant. Ich hoffe, es wird euch trotzdem interessieren, was ich zu
schreiben habe. Passt gut auf euch auf ! Dean
Das
San Quentin Gefängnis ist das berüchtigtste Gefängnis der USA. Es ist
ein mittelalterlich anmutendes Gebäudearsenal gebaut um 1860. Es
befindet sich am Nordufer der San Francisco Bucht und befindet sich in
starkem Kontrast zu seinem direkten Nachbar, Marin County, eine der
wohlhabensten und exklusivsten Gegenden der USA.
Normalerweise
sind über 6000 Gefangene in San Quentin eingesperrt, aber die Zahl
wurde auf ca. 4750 Gefangene reduziert. Das ist das Ergebnis des
Bundesgerichtsentscheids, welches anordnete die Zahl der Gefangenen in
kalifornischen Gefängnissen zu reduzieren. Einer von 7 Gefangenen hier
in San Quentin sitzt im Todestrakt. Das sind ca. 720 zum Tode
verurteilte Gefangene, von denen ich einer bin.
San Quentin hat
die einzige Hinrichtungskammer hier im Staat Kalifornien, also werden
alle zur Hinrichtung nach San Quentin gebracht. Aber obwohl alle zur
Hinrichtung hierher gebracht werden, sitzen nicht alle zum Tode
verurteilten hier. Ich glaube es gibt ca. 10 Fälle von weiblichen
Todeskandidatinnen. Sie sitzen im Frauengefängnis von Chowchilla
Kalifornien. Diese würden dann von dort hierher gebracht werden wenn
und falls sie hingerichtet würden. In Kalifornien wurde keine Frau mehr
hingerichtet seit Barbara Graham vor über 50 Jahren, hier in San
Quentin.
Ich bin jetzt seit fast 3 Jahrzehnten eingesperrt und
kam vor über 20 Jahren nach San Quentin. Ich habe meine komplette Zeit
hier in San Quentin im Todestrakt verbracht, ich weiß also nicht, wie
es im Haupttrakt des Gefängnisses aussieht und zugeht. Dieser
Haupttrakt ist komplett getrennt vom Todestrakt. Wir haben keinerlei zu
den Gefangenen dort und sie haben keinen zu uns. Der Todestrakt wird
als Hochsicherheitseinheit betrachtet, aber eigentlich ist das nur ein
anderes Wort für “das Loch”.
Im Todestrakt gibt es zwei Arten
von Gefangenen - Klasse A und Klasse B. Über 500 haben die
Spezifikation Klasse A. Die meisten Klasse A Gefangenen sitzen im
Ostblock aber 68 von ihnen befinden sich abgetrennt im Norden (North
Seg), wo sich der original Todestrakt des Gefängnisses befindet. Der
Todestrakt musste allerdings erweitert werden als die Anzahl der zum
Tode verurteilten stetig anstieg. Die Klasse A Gefangenen haben die
meisten Privilegien hier im Todestrakt.
Klasse B Gefangene sind
in einem Zellenblock namens Carson Section untergebracht, oder auch in
einem Zellenblock namens Adjustment Center, kurz A/C genannt. Diese
Gefangenen sitzen im so genannten Loch. Obwohl der komplette Todestrakt
von den Gefangenen des Haupttraktes als “Loch” bezeichnet wird, gibt es
ein eigenen “Loch” im Todestrakt, welches in den meisten Dingen
wesentlich beschränkter ist als der Rest des Todestraktes.
In
der Carson Section sitzen die Kurzzeit Klasse B Gefangenen.
Normalerweise sitzen sie für 6 Monate bis zu einigen Jahren im “Loch”.
Die Gefangenen im A/C sind Langzeit Klasse B Gefangene. Viele von ihnen
werden den A/C niemals verlassen und einige sind schon über 20 Jahre
dort. Das sind Gefangene, die aktive Gangmitglieder sind oder die
innerhalb des Todestraktes Gewalt gegen andere Insassen oder Aufseher
verübt haben. Manche haben sogar andere Insassen getötet oder gelten
als Sicherheitsrisiko.
Ich habe viele Veränderungen gesehen seit
ich hier im Trakt angekommen bin. Die meisten Veränderungen bestehen
darin, uns die eh schon limitierten Privilegien einzuschränken. Wir
werden als Klasse A gefangene bezeichnet und sollten eigentlich viele
der Privilegien, die auch die Gefangenen im Haupttrakt haben, genießen
können, aber verglichen mit denen führen wir eine kümmerliche Existenz.
Seit der Todestrakt als Hochsicherheitstrakt gesehen wird, hat
Sicherheit hier allerhöchste Priorität. Wir genießen einige wenige
Privilegien, aber im Großen und Ganzen sind wir sehr eingeschränkt.
Alle
Gefangenen des Todestrakts müssen Handschellen tragen und werden von
einem Wärter begleitet wann immer sie ihre Zellen verlassen. Einzige
Ausnahme bilden die etwa 20 Arbeiter des Ostblocks. Sie dürfen im
Zellblock arbeiten und müssen Fesseln tragen und in Begleitung eines
Aufsehers sein, wenn sie den Zellblock verlassen. Die andere Ausnahme
sind die Gefangenen der Nord Seg. Sie dürfen 5 Stunden am Tag außerhalb
ihrer Zellen verbringen, ohne Handschellen. Sie befinden sich dann in
einen Gemeinschaftsbereich, ohne Wärter. In der Nord Seg. sind die
Gefangenen untergebracht, die keinerlei disziplinarische Probleme haben
oder verursachen.
Ich habe hier eine ziemlich generelle
Ausführung über das Leben im Todestrakt skizziert. Ich könnte auch über
das Leben von einem Tag zum anderen schreiben, aber wenn man sich
umschaut ist es einfach nur Stahl und Beton, wie in jedem anderen
Gefängnis. Was ein Gefängnis zu dem macht was es ist, sind die Menschen
die sich darin befinden. Beides, Insassen wie Aufseher, machen ein
Gefängnis zu dem was es ist. Sind die Gefangenen und die Wärter
Trottel, dann ist alles schlimmer als es sein müsste. Sind die Wärter
und Gefangenen anständig, dann macht es die Zeit hier erträglicher.
Unabhängig davon, ob du im Todestrakt sitzt oder in einem Gefängnis mit
minimaler Sicherheitsstufe, es liegt auch an dir, wie leicht oder
schwer deine Zeit im Gefängnis sein wird. Du kannst deine Zeit negativ
nutzen oder auch auf positive Weise deine Zeit absitzen oder
verbringen. Eine alte Gefängnisweisheit sagt “ Nimm dir deine Zeit und
lass nicht die Zeit dich nehmen”. Es ist einfach ein Verlierer zu sein
aber es benötigt Charakter und harte Arbeit um ein Gewinner zu sein.
Nein, ich umschreibe nicht Charlie Sheen !
Alles Gute für euch !
Dean Carter Dezember 2011
Dean Carter
P.O. Box C-97919
San Quentin Prison
San Quentin, California 94974 USA
|